Die Unabhängigkeit der Ukraine - von Glasnost und Perestrojka zur GUS

Geschichte der Ukraine

Am 18. August 1991 rollen Panzer durch die Straßen Moskaus und eine Junta betrunkener alter Männer in Uniform erklärt den Ausnahmezustand. Präsident Gorbatschow in seinem Urlaubsort auf der Krim wird unter Hausarrest gestellt. Wenige Tage später ist der Spuk vorbei, und dem Land, der Sowjetunion, um dessen Rettung es ging, bleiben nur noch wenige Monate.

Panzer waren von den Putschisten auch im Raum Kiew zusammengezogen worden, aber die dortige Führung unter Altkader Krawtschuk setzte – wie die Opposition – auf die nationale Karte.

Dabei hatten es Glasnost und Perestroika des 1986 an die Hebel der Macht gelangten Gorbatschow in der Ukraine nicht leicht. Seit 1972 herrschte dort Tscherbyskij als Parteichef, einer der letzten aus der Breschnjew-Riege.

Der erste Einbruch aber kam 1986 mit der Katastrophe von Tschernobyl. In der Folge entstand 1987 die ökologische Bewegung "Grüne Welt". Im gleichen Jahr forderte ein Komitee aus Priestern und Laien die Rückgabe von Gotteshäusern an die Unierte Kirche, wandte sich sogar um Hilfe an den Papst. Die Zeit der Repressionen ging zu Ende, Tscherbyskij musste taktieren und verbündete sich mit der kremltreuen Russisch-orthodoxen Kirche – was für weiteren Auftrieb der sich herausbildenden ukrainischen Nationalbewegung sorgte. Diese begann sich an Traditionen der 20er Jahre und der kurzen Tauwetterperiode unter Chrustschow zu orientieren.

Die Forderung nach einer sprachlichen Ukrainisierung tauchte auf, eine "Schewtschenko-Gesellschaft für ukrainische Sprache" wurde gegründet. Alte Tabus fielen, und historische Ereignisse wie Bürgerkrieg, Hungerkatastrophen und stalinscher Terror wurden offen diskutiert. Die Tore der Arbeitslager begannen sich zu öffnen, ehemalige politische Häftlinge wie Lukjanenko und Tschornowil wurden in oppositionellen Gruppen aktiv.

Zwar stand die Abspaltung einer unabhängigen Ukraine noch nicht auf dem Programm, Massendemonstrationen für einen autonomen Status des Landes gab es jedoch schon 1988 in Galizien.

Ein Jahr später erfasste eine Welle von Bergarbeiterstreiks, die in Sibirien ihren Anfang genommen hatten auch das Donezbecken. Dabei stellten die Kumpel nicht nur soziale, sondern auch politische Forderungen.

Im September 1988 schlossen sich informellen Vereinigungen zur "Volksbewegung der Ukraine für die Perestroika", kurz RUCH, zusammen. Im März 90 bei den Wahlen zum Obersten Sowjet der Republik erhielten sie auf Anhieb 117 von 450 Mandaten. Die Mehrheit stellten weiter die alten Kader – jetzt aber unter Führung Krawtschuks, der die Zeichen der Zeit erkannt hatte und auf den nationalen Zug aufgesprungen war. So wurde Ukrainisch zur Staatssprache erhoben und, wie auch in anderen Sowjetrepubliken, eine Souveränitätserklärung zusammen mit dem Anspruch auf eigene Streitkräfte und eine selbstständige Außenpolitik abgegeben.

Im Inneren ging der Kampf zwischen Opposition und alter Nomenklatura weiter. So brachte ein Studentenstreik im Oktober den kommunistischen Ministerpräsidenten zu Fall.

Bei einem Referendum im März 1991 sprachen sich zwar 70 % für einen Erhalt der UdSSR aus, gleichzeitig aber auch für eine eigenständige Ukraine in einer Union souveräner Staaten. Schon im November des Vorjahres hatten sich Russland und die Ukraine gegenseitig anerkannt. So verwunderte es nicht, dass Krawtschuk den von Gorbatschow angestrebten Unionsvertrag blockierte.

In dieser verfahrenen Situation bringt der gescheiterte Putsch vom August die endgültige Klärung. Die Kommunistische Partei wird aufgelöst, ein Gesetz über eigene Streitkräfte verabschiedet und die Unabhängigkeit erklärt. Bei einem folgenden Referendum geben 90% der Teilnehmer diesem Kurs ihre Zustimmung. Krawtschuk gewinnt die Präsidentenwahl mit 61%. Es folgen die Kündigung des Unionsvertrages und wenige Tage später in Minsk die Gründung der "Gemeinschaft Unabhängiger Staaten" (GUS).

Um Gorbatschow hat man sich dabei nicht mehr gekümmert. Er tritt vom Amt des Präsidenten eines Staates zurück, den es schon nicht mehr gibt.

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