Geschichte Litauens

Die Geschichte Litauens ist geprägt von einer großen Blütezeit im 14. Jahrhundert, den darauffolgenden oftmals bewaffneten Auseinandersetzungen mit anderen Staaten, Annektierungen und dem Kampf um Unabhängigkeit. Eng verbunden mit der Geschichte Russlands, Polens und Deutschlands ereigneten sich auf litauischem Gebiet, welches im 14. Jahrhundert von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer reichte und damit das größte in ganz Europa war, zahlreiche Veränderungen im Laufe der Zeit. Bis zum unabhängigen und weltoffenen Litauen, welches Reisende heutzutage kennen, war es also ein weiter Weg, auf dem eine Vielzahl der Einwohner ihr Leben lassen musste.

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Die Anfänge der Geschichte Litauens


Paläolithikum bis Neolithikum: Sobald sich das Eis etwa 14000 v. Chr. auf dem Gebiet des heutigen Litauens und weiterer baltischer Staaten zurückzog, siedelten die ersten menschlichen Stämme dort an, was zahlreiche Funde etwa von Pfeilspitzen, Werkzeugen oder Harpunen beweisen. In der Jungsteinzeit entstanden zudem die ersten umrandeten Siedlungen, von denen aus Wild gejagt und Fische gefangen wurden. Es entwickelte sich außerdem eine frühe Form des Ackerbaus sowie der Viehhaltung. Auch Bernsteinschmuck aus dieser Zeit wurde bereits gefunden.

Bronzezeit: Um etwa 3000 v. Chr. sollen die ersten baltischen Stämme das Gebiet des heutigen Baltikums erreicht und die dort bereits lebende Bevölkerung eingegliedert haben. Bekannte Stämme wie die Litauer, Kuren oder Latgallen bildeten sich jedoch erst nach dem ersten Jahrtausend n. Chr.

850 bis 1230 n. Chr.: Litauen ist Teil der Kiewer Rus. Es bleibt aufgeteilt in viele kleine Stämme, die von Priestern und Fürsten regiert werden.

1009 n. Chr.: Litauen wird im Rahmen der Quedlinburger Annalen zum ersten Mal schriftlich erwähnt.

13. Jahrhundert n. Chr.: Durch den Machtverlust der Kiewer Rus kommt es Anfang des 13. Jahrhunderts n. Chr. zur ersten Staatenbildung Litauens, indem sich die Stämme unter Fürst Mindaugas zusammenschließen. Dieser wird 1253 zum König Litauens gekrönt und schafft es, gemeinsam mit Treniota, dem Anführer der Samogiten, den Deutschen Orden, der die litauischen Bewohner zum Christentum bekehren wollte, in die Flucht zu schlagen. Nach diesem Erfolg kommt es jedoch zu Machtstreitigkeiten innerhalb des Landes und Mindaugas wird von Treniota getötet.

Mindaugas’ und später auch Treniotas’ Sitz ist zu diesem Zeitpunkt Kernave - die erste Hauptstadt in der Geschichte Litauens.

1270 n. Chr.: Traidenis wird zum litauischen Großfürsten, wodurch die innerstaatlichen Machtkämpfe ein Ende finden, ernannt und die Blütezeit des baltischen Staates beginnt.

1275 n. Chr.: Der spätere Großfürst Gediminas wird geboren.

Litauen als Großfürstentum


1316: Eine bedeutende Rolle für die Geschichte Litauens spielte Großfürst Gediminas, der im Jahre 1316 n. Chr. zum Herrscher des Landes ernannt wird und durch den Litauen zur europäischen Großmacht aufsteigt.

1316-1323: Trakai wird die neue Hauptstadt Litauens.

1316 - 1430: Unter Gediminas und den darauffolgenden Fürsten annektiert Litauen Teile Polens, Russlands, Weißrusslands und der Ukraine. Dadurch wird es das größte Land Europas zur damaligen Zeit.

1323-1920: Gediminas macht Vilnius zur Hauptstadt des Landes. Auch heute noch erinnert der Gediminas-Turm der Oberen Burg in Vilnius an die Stadtgründung des ehemaligen Großfürsten, der qualifizierte Fachkräfte, Kaufleute und Wissenschaftler nach Vilnius einlädt und die Stadt so zum wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Zentrum des Baltikums macht.

1386: Der litauischen Großherzog Jogaila wird zum König Wladyslaw II. Jagiello von Polen gekrönt, nachdem der vorherige polnische König Kasimir III. bereits Jahre zuvor verstorben war. Jogaila trat zum Christentum über und heiratete Kasimirs minderjährige Enkelin Hedwig von Anjou, die eigentlich dem Herzog Wilhelm Österreich versprochen war. Durch diese mit Polen vereinbarte "Union von Krewo" regiert Jogaila Polen und Litauen zunächst in Personalunion. Die beiden Staaten wurden unter ihm jedoch nie vereint. Es kam des Weiteren zu einer Christianisierung Litauens.

1401: Jogailas Cousin Vytautas, der bereits zuvor immer wieder versuchte, die Macht über Litauen an sich zu reißen, wird zum Großherzog von Litauen ernannt. Er teilt sich nun die Macht mit Jogaila, der weiterhin Polen regiert.

1410: In der "Schlacht von Tannenberg" in Preußen wird der Deutsche Orden, mit dem es in den Jahrzehnten zuvor immer wieder zu Streitigkeiten kam, von Jogailas’ und Vytautas’ Truppen geschlagen. Dadurch wird der Weg, Litauen-Polen als Großmacht im östlichen Europa zu etablieren, frei. Im 15. Jahrhundert erreicht Litauen so die bislang größte Ausdehnung des Staatsgebietes in der Geschichte des Landes von der Ostsee im Norden bis hinunter zum Schwarzen Meer.

1430: Großfürst Vytautas verstirbt kinderlos, so dass die Macht in Litauen wieder an seinen Couisin Jogaila und dessen Familie fällt.

1434: Der polnische König Jogaila verstirbt ebenfalls. Sein Sohn Kasimir wird im Jahr 1440 neuer Großfürst von Litauen und übernimmt 1447 dann ebenfalls die Regierung Polens. Dadurch dass nun ein Herrscher für beide Staaten existiert und dieser in Polen residiert, die Christianisierung in Litauen immer weiter fortschreitet und sich vor allem der litauische Adel immer weiter nach Polen orientiert, wird Litauen stark von Polen beeinflusst.

Gemeinsame Geschichte mit Polen - Der Zusammenschluss im 16. Jahrhundert


1520: Sigismund II. August der spätere Alleinherrscher von Litauen und Polen wird geboren.

1558-1582/83: Im Zuge des "Livländischen Krieges" um das strategisch wichtige Gebiet des heutigen Lett- und Estlands an der Ostsee rückt der russische Zar Iwan IV. bis in die litauische Stadt Polaszk vor, wodurch Litauen weiter geschwächt wird. Der Krieg endet mit dem Waffenstillstand von Jam Zapolski im Jahre 1582, ohne dass Russland Livland vereinnahmen kann.

1569: Da aus den drei Ehen von Sigismund II. August keine Kinder hervorgehen und der Vorstoß der Russen zu einer Bedrohung für Litauen wird, wird von dem von Sigismund einberufenen Parlament die sogenannte "Realunion von Lublin" beschlossen. Hierdurch endet die Personalunion des Königreichs Polen und des Großfürstentums Litauen und die beiden Reiche werden samt Königlich Preußen zu einer Realunion - der " Rzeczpospolita" - vereint. Der Bundesstaat verfügt über eine gemeinsame Währung, Landessprache und ein gemeinsames Parlament (Sejm), welches aus litauischen und polnischen Adeligen besteht. Sigismund der II. August bleibt bis zu seinem Tod im Jahre 1572 der Regent der Rzeczpospolita. Allerdings handelt es sich bei diesem um eine Wahlmonarchie, so dass alle folgenden Herrscher unter anderem vom Sejm gewählt werden. Fast alle Könige Polen-Litauens stammen aus Polen und auch aufgrund der polnischen Amtssprache findet eine Polonisierung des litauischen Adels statt.

1573 - 1574: Henryk Walezy, der spätere König von Frankreich, wird König von Polen-Litauen.

1576 - 1586: Stephan Báthory wird neuer König von Polen-Litauen. Durch den geschickten Taktiker kann der Staat das russische Heer im Livländischen Krieg zurückdrängen und selbst Territorium erobern.

1655 bis 1660: Das Gebiet Polen-Litauens ist in der darauffolgenden Geschichte jedoch immer wieder beliebtes Ziel für schwedische oder russische Angriffe, so fielen etwa im Zweiten Nordischen Krieg schwedische Truppen in das Gebiet ein und etwa zur gleichen Zeit russische Heere im Rahmen des Russisch-Polnischen Krieges. Über die zahlreichen Angriffe zu dieser Zeit wird auch von der "Blutigen Sintflut" gesprochen, Polen-Litauen verliert in dieser Periode unter anderem seinen Anspruch auf die schwedische Krone, Livland, Estland, weite Teile Westrusslands und der Ostukraine zugunsten von Russland.

1772: Durch Jahre der Kriegsführung und die Übermacht Russlands und Preußens stark geschwächt, kommt es zur ersten polnischen Teilung, bei der Polen-Litauen etwa ein Drittel des Staatsgebietes verliert.

1795: Mit der dritten Teilung Polens fällt Litauen endgültig in russische Hände und wird zu einer Provinz des Zarenreiches. Die Herrschaft Russlands währt 120 Jahre. Währenddessen vollzieht sich einerseits die Loslösung Litauens von Polen. Andererseits kommt es immer wieder zu Aufständen gegen Russland.

1832: Als Folge des polnischen Novemberaufstands gegen Russland, der durch die Übermacht des russischen Heeres verloren geht, wird die Universität Vilnius geschlossen. Auch heute noch zeugt sie von der spannenden Geschichte Litauens.

1863: Auch der Januaraufstand der Polen, an welchem auch zahlreiche Litauer teilnehmen, wird von Russland niedergeschlagen. Es kommt nun zu einer Russifizierung Litauens, indem beispielsweise Texte nur noch kyrillisch abgedruckt werden dürfen und in den Schulen ausschließlich russische Lehrer eingesetzt werden. Auch wurden katholische Kirchen geschlossen und litauische Adelshöfe an den Zaren zwangsübereignet.

1874: Der spätere Präsident der Republik Litauen und Errichter des diktatorischen Regimes ab 1926 Antanas Smetona wird geboren (†1944).

1883-1886: Jonas Basanavicius gibt die erste litauische Zeitung "Aura" heraus, die in Preußen gedruckt und dann nach Litauen geschmuggelt wird. So soll wieder an die litauische Identität erinnert werden, die im Laufe der bewegten Geschichte verlorengegangen ist.

Litauens Geschichte im 20. Jahrhundert: Das baltische Land im Zuge der Weltkriege


1915-1917: Im ersten Weltkrieg wird Litauen vollständig von deutschen Truppen besetzt. Es kommt jedoch zu Verhandlungen mit Deutschland, durch welche Litauen unter der Herrschaft Mindaugas II. wieder zu einem souveränen Staat - jedoch in Union mit dem Deutschen Reich - erstarken sollte. Die endgültige Souveränitätserlangung wird von Deutschland hinausgezögert.

1918: Am 16. Februar 1918 erklärt Litauen seine Unabhängigkeit. 1919 wird Antanas Smetona zum ersten Präsidenten in der neuen Geschichte der Republik Litauen ernannt.

1920: Nachdem sich die Rote Armee, die sich aufgrund des 1918 zu Ende gegangenen Ersten Weltkrieges auf litauischem Gebiet befand, zurückgezogen hatte, beginnt 1920 der Polnisch-Litauische Krieg, durch welchen Polen Teile Litauens angeblich zum Schutze der dort lebenden polnischen Minderheit erobern will. Da ein Nicht-Angriffs-Pakt zwischen Polen und Litauen besteht, ist dieses Verhalten, durch das Litauen unter anderem die Hauptstadt Vilnius an Polen verliert, als völkerrechtswidrig zu bezeichnen.

1920-1940: Durch die Annektion von Vilnius wird Kaunas zur neuen Hauptstadt Litauens.

1923: Litauische Freischärler besetzen das damals noch deutsche Memelland, das anschließend "offiziell" dem Staatsgebiet einverleibt wurde. Die heutige Hafenstadt Klaipeda ist das frühere Memel.

1926: Der frühere Präsident Antanas Smetona kommt durch einen Putsch an die Macht und stürzt das Parlament. Durch ihn und Ministerpräsident Augustinas Voldemaras entsteht die erste Diktatur in der Geschichte Litauens. Ab 1929 setzt Smetona seine Macht als Alleinherrscher durch. Er bleibt bis 1940 im Amt.

1939: Im Zuge der Geschichte des Zweiten Weltkrieges schließt Litauen zunächst einen Nichtangriffspalt mit Deutschland, muss dafür aber das eroberte Memelgebiet abgeben.

1939: Durch den "Hitler-Stalin-Pakt" bzw. die Zusatzprotokolle zwischen Deutschland und der Sowjetunion fällt Litauen mitsamt des eigentlich zu Polen gehörenden Vilnius zunächst Deutschland zu. Dies wird jedoch durch den " Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag" geändert, mit dem Litauen nun von der Sowjetunion zurückgewonnen werden soll.

1940: Die Rote Armee marschiert in Litauen ein und annektiert das Land. Die "Litauisch Sozialistische Sowjetrepublik" wird gegründet und Litauen wird Teil des Sowjetstaates. Die Geschichte wiederholt sich und Vilnius wird wieder zur Hauptstadt Litauens.

1941: Mit dem Überfall auf die Sowjetunion wird Deutschland vertragsbrüchig. Deutsche Truppen marschieren im Rahmen eines "Blitzkrieges" in Litauen ein und besetzen das Land innerhalb von einer Woche. Bis 1944 kommt es zu einer nahezu vollkommenen Auslöschung der litauischen Juden. Eines der traurigsten Kapitel in der Geschichte des Landes.

1944: Die Rote Armee marschiert abermals in Litauen ein und erobert Litauen von den deutschen Truppen zurück. Wieder wird die "Litauisch Sozialistische Sowjetrepublik" ausgerufen und fortan gehört Litauen zur Sowjetunion, was viele Partisanen jedoch nicht kampflos hinnehmen. Noch bis 1953 gingen viele Tausend Litauer in den Widerstand und kämpften als Partisanen (die so genannten Waldbrüder) gegen die Besatzung. In diesen Widerstandskämpfen verloren nochmal rund 30.000 Litauer ihr Leben. Hunderttausende Menschen wurden darüber hinaus von den Sowjets getötet oder in Arbeitslager nach Sibirien deportiert.

Litauen schreibt weiter Geschichte: Der Wandel zu einem weltoffenen Staat


1986: Unter Michail Gorbatschow beginnt im Zuge der "Perestroika" und "Glasnost" ein Umbau der Sowjetunion hin zu einer Demokratisierung. Der Einfluss der KPdSU wird gelockert, eine Marktwirtschaft wird eingeführt und Meinungs- sowie Pressefreiheit erlangen größere Bedeutung.

1990: Im Februar finden zum ersten Mal in der neueren Geschichte Litauens freie Wahlen statt, welche die Unabhängigkeitsbewegung "Sajudis" gewinnt. Diese erklärt Litauen am 11. März für unabhängig, woraufhin der Kreml ein Wirtschaftsembargo gegen Litauen verhängt.

1991: Ein letzter Putschversuch in der Geschichte Litauens, welcher von sowjettreuen Einwohnern des Landes sowie dem sowjetischen Militär ausgeführt wird, misslingt. Im gleichen Jahr wird die Unabhängigkeit Litauens von zahlreichen Staaten - darunter den USA und der Sowjetunion selbst - anerkannt.

1994: Die Altstadt von Vilnius wird von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, da trotz zahlreicher Angriffe auf die heutige Metropole viele Bauwerke aus der Geschichte der Stadt noch erhalten sind.

2004: Am 1. Mai 2004 tritt Litauen endgültig der Europäischen Union bei. Kurz zuvor erfolgte zudem der Beitritt zur NATO.

2013: Litauen übernimmt den Vorsitz der EU- Kommission.

2015: Litauen tritt als 19. Land der Eurozone bei. Von nun an brauchen Reisende im Land kein Geld mehr zu tauschen.

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